Freizeit

Fliegende Gedanken

Ich habe lange nichts mehr geschrieben. Aus irgendeinem Grund hatte ich keine Motivation über frühere Reisen, peinliche oder möglicherweise lustige Geschichten zu erzählen. Ich kann auch nicht über die Abenteuer berichten, die ich in letzter Zeit erlebt habe. Die meisten Tage haben wir routinemäßig in unserer von Viren geprägten Welt verbracht.
Am Ende eines dieser grauen Wochentage wirbelte ich stundenlang schlaflos im Bett herum und eine Fülle von Gedanken strömte auf mich ein. Einige waren nur ein Blitz, kaum wahrnehmbar, während andere mich sogar minutenlang beschäftigt haben und mich in eine völlig unbekannte Richtung führten, eine andere Realität.

Und in dieser bisher unbekannten Realität wurde mir klar, dass die vergangene Zeit nicht im geringsten in die Kategorie des grauen Alltags fällt.
Es gibt unzählige kleine und nicht so kleine Dinge, die meine Tage und mein Leben verschönert haben. Zum Beispiel die erste wirklich leckere Erdbeere dieses Jahres oder meine Lieblingspflanze, die nach ihrem Winterschlaf wieder blüht. Aber hier kann ich auch die neuen beruflichen Herausforderungen nennen, die viele Entwicklungsmöglichkeiten versprechen. Oder wenn ich mich mit der Hauptfigur meiner aktuellen „Lieblingsserie“ zusammen freue, wenn er das Böse besiegt und das Herz DER FRAU gewinnt.

Ganz zu schweigen von den wunderbaren Menschen mit unglaublichen Lebenswegen, die ich glücklicherweise kennengelernt habe. Zum Beispiel eine junge Frau, die bei einem Unfall schmerzhaft ihre Eltern, ihre Schwester und einen Freund verloren hat. Sie selbst wurde gelähmt und sitzt seitdem im Rollstuhl und ihr Sehnerv ist gerissen. Ja, sie ist blind. Trotzdem lebt sie alleine, arbeitet und beschwert sich nie mit einem Wort.
Aber es gibt auch den jungen ungarischen Studenten, der mitten in der Pandemie nach Berlin gezogen ist und hier in diesem Semester an einer Universität studiert. Ich liebe seine Wortwechsel, sein aufrichtiges Lachen und das er keine Angst hat sein Leben zu leben.
Und hast Du etwas über Helen Keller gehört? Sie war eine amerikanische Schriftstellerin. Sie war gleichzeitig taub und blind. Ihre einzige Verbindung zur Außenwelt war die Berührung. Sie konnte lange nicht kommunizieren, sie kannte die Worte nicht. Ich wäre so neugierig, wie sie damals ihre Gedanken formte.
Dann erinnere ich mich an Dinge, die ich zuvor als großes Problem erlebt habe und ich fühlte, dass sie das Ende der Welt bedeuten. Jetzt scheint alles irgendwie lächerlich.

Der folgende Gedanke brachte mich zurück zu meinem 30. Geburtstag. Ich erinnere mich, dass ich im Vorfeld anfing darüber nachzudenken wie ich ihn erleben würde. Vielleicht werde ich weinen und mich darüber aufregen, dass ich immer noch nirgendwohin gehe? Weder Ehe noch Kinder. Dann kam DER Tag der mein Leben veränderte – und es war kein Geburtstag. Danach machte ich mir keine Sorgen mehr um das Thema Hochzeit und Kinder. Ich war viel mehr besorgt darüber, ob ich jemals wieder laufen würde.
Und natürlich war ich froh, dass zu meinem Geburtstag dann die GANZE Familie versammelt war. Dies ist von großer Bedeutung, da ich nach fast 15 Jahren mit meiner Mutter und meinem Vater feiern konnten. Zum ersten Mal seit ihrer stürmischen Scheidung. Dies liegt definitiv am Rollstuhl.

Das Leben findet statt und bietet viele Erlebnisse. Selbst wenn wir das Gefühl haben in einem Hamsterrad gefangen zu sein und die Tage ereignislos vergehen. Es liegt an uns, worauf wir achten. Auf graue Wochentage, die monoton aufeinander folgen. Auf Schwierigkeiten oder auf die kleinen Schätze, die zwischen Problemen und schlechten Reizen lauern.

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